In der Entscheidung 8 Ob 101/20s sprach der OGH aus, dass
- Zuwendungen an die Schuldnerin aus ihrer Begünstigtenstellung ab Insolvenzeröffnung,
- das Recht der Schuldnerin auf künftige Zuwendungen aus ihrer Begünstigtenstellung sowie
- das Recht der Schuldnerin auf einen (entgeltlichen) Verzicht auf ihre Begünstigtenstellung
jeweils Teil der Insolvenzmasse sind und damit der freien Verfügung der Schuldnerin entzogen und vom Insolvenzverwalter zu vereinnahmen und zu verwerten sind.
Die Tochter und der Sohn eines Stifters waren bei der gegenständlichen Privatstiftung Begünstigte. Über das Vermögen der Tochter wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter wollte die Rechte der Tochter verwerten. Nach § 6 Abs 8 der Stiftungszusatzurkunde hatte der Stiftungsvorstand auf Verlangen eines Begünstigten dessen Begünstigtenstellung zu widerrufen. Bei einem solchen Verzicht des Begünstigten sollte dessen Anteile an der Ausschüttung gemäß § 4 Abs 1 der Stiftungszusatzurkunde auf den oder die anderen Begünstigten anteilig übergehen.
Der Halbbruder der Schuldnerin hat gegenüber dem Insolvenzverwalter ein Anbot in Höhe von EUR 1.700.000 für einen Verzicht auf die Begünstigtenstellung der Schuldnerin gestellt.
Die Schuldnerin sprach sich in der Folge gegen die geplante Verwertung der Begünstigtenstellung aus, betonte die Höchstpersönlichkeit und Unübertragbarkeit der Begünstigtenstellung und bestritt die Massezugehörigkeit der Ansprüche.
Die Begünstigtenstellung ist grundsätzlich höchstpersönlich. Nach § 5 PSG ist Begünstigter, wer entweder in der Stiftungserklärung namentlich oder individualisierbar bezeichnet wurde, oder durch die Entscheidung einer vom Stifter dazu berufenen Stelle festgestellt wurde. Die Stellung als Begünstigter ist daher nach herrschender Auffassung weder vererblich noch durch Rechtsgeschäft des Begünstigten unter Lebenden an Dritte übertragbar. Eine Veräußerung der Begünstigtenstellung ist rechtlich unmöglich, weil ein Begünstigter nicht in der Lage ist, sein höchstpersönliches Recht mit Wirkung für die Stiftung auf einen anderen zu übertragen. Wer Begünstigter wird, stellen nach § 5 PSG nur die Stiftungserklärung, eine vom Stifter bestimmte Stelle und sonst der Stiftungsvorstand fest.
Es steht dem Stifter aber frei, in der Stiftungserklärung Bestimmungen aufzunehmen, die einer Vererblichkeit gleichkommen, etwa den Eintritt von bestimmten Nachkommen von Begünstigten nach deren Ableben. Auch in diesem Fall ist die Rechtsgrundlage für das Erlangen der Begünstigung nicht das Erbrecht, sondern die Bestimmung des Nachfolgers in der Stiftungserklärung.
Der Stifter kann auch Begünstigten die Möglichkeit eröffnen, sich durch einseitigen Willensentschluss der Begünstigtenstellung zu entledigen. Dabei kann er auch regeln, ob die Zuwendungen, die an den verzichtenden Begünstigten geleistet worden wären, künftig wegfallen oder ob sie an einen iSd § 5 PSG zu bestimmenden Nachfolger übergehen oder – wie hier – den übrigen aktuellen Begünstigten anteilig zuwachsen sollen. Die Nachfolger erlangen ihre Rechtsposition nicht durch ein Rechtsgeschäft mit dem Weichenden, sondern erwerben ein eigenes Recht aufgrund des Stifterwillens.
Eine Entgeltvereinbarung zwischen dem alten und dem nachfolgenden Begünstigten für die Verzichtserklärung kommt nicht einer Veräußerung gleich, sondern erfolgt aus Sicht der Stiftung unter Dritten und hat ihr gegenüber keine rechtliche Wirkung. Auch waren solche Entgeltvereinbarungen in der Stiftungserklärung nicht als unerwünscht untersagt.
Es blieb sohin der Begünstigten (bzw hier dem Insolvenzverwalter) unbenommen, im Rahmen der Vertragsfreiheit auch eine Entgeltvereinbarung mit jemandem zu treffen, dem das freiwillige Ausscheiden aufgrund der für diesen Fall vom Stifter vorgesehenen Nachfolgeregelung wirtschaftlich zum Vorteil gereicht. Der Insolvenzverwalter war sohin zur Verwertung dieses Vermögensbestandteils berechtigt und konnte zugunsten der Masse die dafür notwendige Erklärung an Stelle der Schuldnerin ausüben
Vor einem (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Verzicht auf eine Begünstigtenstellung sollte nicht nur eine rechtliche, sondern auch steuerliche Beratung in Anspruch genommen werden.