Unverhältnismäßigkeitseinrede und angemessene Beteiligung bei Ein- und Ausbaukosten im Zuge mangelhafter Lieferung

Unverhältnismäßigkeitseinrede und angemessene Beteiligung bei Ein- und Ausbaukosten im Zuge mangelhafter Lieferung

In der Entscheidung 1 Ob 209/16s hat der OGH erstmals nach dem als Paukenschlag bezeichneten Urteil des EuGH wichtige Antworten zu Anwendungsfragen, welche sich für das österreichische Recht im Hinblick auf die Unverhältnismäßigkeitseinrede nach § 932 Abs 4 ABGB stellen, gegeben.

Die Kläger als Verbraucher hatten von der Beklagten als Unternehmerin Natursteinplatten, welche von dieser erst importiert werden mussten, bestellt. Die Vermessung übernahmen Mitarbeiter der Beklagten und der Einbau erfolgte durch die Kläger selbst. Es sollte auch der Saunabereich und Freisitz in die Berechnung miteinfließen und alles im selben einheitlichen Erscheinungsbild verlegt werden. Die Beklagte lieferte in Folge eine unzureichende Anzahl an Natursteinplatten und die Kläger bauten diese ein. Die erfolgten Nachlieferungen unterschieden sich optisch eindeutig von jenen aus der verbauten Lieferung und konnten auch kein einheitliches Struktur- und Farbbild mehr erzeugen.

Die Kläger wollten die Kosten für die Abtragung und Neuverlegung inklusive Plattenaustauschmaterial samt der damit verbundenen Installations-, Garten-, Elektro- sowie Abdichtungsarbeiten, etc aus dem Titel der Gewährleistung und Schadenersatz von insgesamt 129.864,69 EUR sA.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 120.954,50 EUR als zu Recht bestehend. Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts in eine gänzliche Klagsabweisung ab. Der OGH gab der Revision zur Sachverhaltsergänzung Folge.

In rechtlicher Hinsicht wurde vom Obersten Gerichtshof ausgeführt, dass ein Verkäufer, der eine mangelhafte Sache liefert, sie im Rahmen des Austauschs dem Käufer – welcher die Sache zwischenzeitig gutgläubig eingebaut hat – auf eigene Kosten auszubauen und die mängelfreie Sache einzubauen oder Kostenersatz zu leisten hat. Auch bei hohen Aus‑ und Einbaukosten darf der Verkäufer die einzig mögliche primäre Abhilfe nicht ablehnen; er kann aber die Herabsetzung seiner Verpflichtung auf den anhand des Vertrags unter Berücksichtigung des Gegenstands und Zwecks im Hinblick auf den Wert der Sache in vertragsgemäßen Zustand zu ermittelnden angemessenen Beitrag fordern. Ohne eine angemessene Kostenbeteiligung des Käufers muss der Verkäufer Austausch oder Verbesserung weder allein durchführen noch zahlen oder vorschießen. Wenn die zu tragenden Aus‑ und Einbaukosten für den Verkäufer mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären, kann der Käufer vom Verkäufer auf die sekundären Abhilfen beschränkt werden und nur noch Preisminderung oder Wandlung geltend machen.

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