Eine Pönale oder Konventionalstrafe gemäß § 1336 ABGB ist eine Vertragsstrafe, die von den Vertragspartnern für konkret zu bestimmende Anlassfälle als pauschalierter Schadenersatz vereinbart werden kann. Ein häufig vereinbarter Anlassfall in der Baubranche liegt beispielsweise vor, wenn der Auftragnehmer verbindlich zugesagte Fertigstellungsfristen nicht einhält.
Der Vorteil einer vereinbarten Konventionalstrafe liegt unter anderem in der Beweiserleichterung, weil der Auftraggeber auch dann einen Anspruch auf den pauschalierten Schadenersatz hat, wenn kein tatsächlicher Schaden eingetreten ist. Für den Fall, dass der tatsächliche Schaden die Pönale übersteigt, kann der Auftraggeber sodann noch den Differenzbetrag geltend machen.
Ferner ist relevant, dass die Pflicht zur Zahlung einer Pönale auch ohne Verschulden gegeben sein kann, jedoch muss eine solche ausdrücklich vereinbart sein.
Was passiert allerdings, wenn die termingerechte Leistungserbringung aus Gründen, die in der Sphäre des Auftraggebers liegen, vereitelt wird? Wird die Leistungsfrist entsprechend der Verzögerung verlängert oder ist die vereinbarte Konventionalstrafe obsolet? Mit dieser Frage hat sich der OGH – soweit ersichtlich – zuletzt in der Entscheidung vom 21.11.2017 zu 6 Ob 101/17x befasst.
Sachverhalt:
Die beklagte Partei beauftragte die klagende Partei als Generalunternehmer mit einem Dachgeschoßausbau. Als Fertigstellung wurde der 30.11.2012 ausgemacht und wurde eine Pönale in Höhe von € 600 netto je Kalendertag der Überschreitung, begrenzt mit 5% der Auftragssumme, vereinbart. Die beklagte Partei stellte der klagenden Partei die beizubringenden Ausführungs- und Polierpläne erst zwei Monate nach vereinbartem Baubeginn bei. Die wesentlichen Arbeiten waren im Februar/März 2013, sohin nach dem vereinbarten Fertigstellungstermin, abgeschlossen. Die Nichteinhaltung des Gesamtfertigstellungstermines war auf die verspätete Zurverfügungstellung der Polierpläne zurückzuführen.
Rechtliche Beurteilung:
Wenn der vereinbarte Zeitplan wegen eines geänderten Leistungsprogrammes oder einer Behinderung des Werkunternehmers aufgrund missachteter Mitwirkungspflichten des Bestellers nicht eingehalten werden kann, sind je nach zeitlichem Ausmaß der Verzögerung zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
- Bei überschaubaren kurzen Verzögerungen wird die vertraglich festgelegte Fertigstellungsfrist entsprechend verlängert, die vereinbarte Pönale sichert weiterhin die Einhaltung der verlängerten Leistungsfristen.
- Wird jedoch der Zeitplan „über den Haufen geworfen“, besteht keine verbindliche Fertigstellungsfrist mehr und die Pönalzahlung gelangt nicht zur Anwendung. Die Pönalvereinbarung geht somit ins Leere.
Der OGH folgte in seiner Entscheidung der bisherigen Judikatur, die auch in grundsätzlicher Übereinstimmung mit jener der deutschen Gerichte steht.
Ob noch eine überschaubare kurzfristige Verzögerung vorliegt oder eine solche bereits überschritten ist, ist grundsätzlich vom jeweiligen Auftrag (Umfang der Werkleistungen, zeitliche Maß des Üblichen, etc.) abhängig. In der Entscheidung zu 8 Ob 156/06h beurteilte der OGH eine Verzögerung von einem Monat und zu 1 Ob 58/98f die Verzögerung von bis zu zwei Monaten als keine überschaubare kurze Verzögerung. Auch in der gegenständlichen Entscheidung zu 6 Ob 101/17x entschied der Oberste Gerichtshof, dass eine Verzögerung von zwei Monaten bei einer vereinbarten Bauzeit von knapp über neun Monaten nicht mehr durch die Pönalvereinbarung abgesichert ist.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass trotz Wegfall einer allfällig vereinbarten Konventionalstrafe und eines verbindlichen Zeitplans der Auftragnehmer in angemessener Frist seine Leistungen zu erbringen hat. Tut er dies nicht, kann der Auftraggeber dennoch Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen. In diesem Fall hat der Auftraggeber jedoch den konkreten, tatsächlich eingetretenen Schaden zu beweisen.
Soweit einen Werkunternehmer aufgrund einer vereinbarten Konventionalstrafe eine Zahlungsplicht trifft, besteht für ihn noch die Möglichkeit, die Höhe der Strafe durch ein Gericht mäßigen zu lassen. Dieses Recht kann im Vorhinein gemäß § 1336 Abs 2 ABGB auch nicht ausgeschlossen werden.
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Quellen:
OGH 6 Ob 101/17x, 1 Ob58/98f, 8 Ob 156/06h
Kletecka/Schauer, ABGB ON, § 1336