In der Entscheidung vom 10.2.2016 zu Ra 2014/15/0021 bestätigte der VwGH die Ansicht vieler Juristen und Steuerberater, dass Pflichtteilsauszahlungen aus einer Privatstiftung grundsätzlich nicht der KESt unterliegen.
Bereits bisher blieben nach der Rsp des OGH in die Stiftung übertragene Vermögenswerte „pflichtteilsrelevant“, sofern sich der Stifter bis zum Ableben ein Widerrufs- und/oder umfassende Änderungsrechte vorbehalten hat. Nach der neuen Rechtslage des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 (gilt für Todesfälle ab 01.01.2017) gilt künftig jede Vermögenswidmung an eine Privatstiftung (und auch auch die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat) als anrechnungspflichtige Schenkung.
Obwohl Pflichtteilszahlungen aus Stiftungen sohin keine freigiebigen Zuwendungen der Privatstiftung an Begünstigte darstellen, sondern zur Tilgung gesetzlicher Ansprüche erfolgen, ging der Fiskus davon aus, dass sie als „Zuwendung“ der KESt zu unterwerfen seien. In seiner Entscheidung vom vom 10.2.2016 zu Ra 2014/15/0021 hatte der VwGH über diese Frage zu befinden, da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehlte, ob bei Leistungen einer Privatstiftung an eine pflichtteilsberechtigte Person, die im Zuge einer Pflichtteilsklage oder eines in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Vergleichs dieser Person zuerkannt werden, eine Zuwendung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 7 EStG 1988 ist.
Der VwGH erkannte, dass eine Zuwendung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 7 EStG 1988 nicht vorliegt und insoweit auch nicht der Kapitalertragsteuer unterliegt, als sie in der gesetzlichen Verpflichtung der Privatstiftung zur Auszahlung der Pflichtteilsergänzungsansprüche wurzelt. Der VwGH hat sohin die Ansicht des Fiskus verworfen und bestätigt, dass Pflichtteilsauszahlungen grundstäzlich nicht der KESt zu unterwerfen sind.
Der Abschluss eines Vergleichs darf jedoch nicht die „Möglichkeit bieten, unentgeltliche, aufgrund des Stiftungszwecks geleistete, steuerpflichtige Zuwendungen der Steuerpflicht zu entziehen, indem sie dem Titel einer vorgeblich bestehenden gesetzlichen Verpflichtung unterstellt werden.“ Indem zB aufgrund des Vergleichs Vermögensübertragungen stattfinden, deren Summe den gesetzlich zustehenden Pflichtteilsergänzungsanspruch des jeweils Berechtigten übersteigt.