Barrierefreiheit

Seit 01.01.2016 ist das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) in vollem Umfang in Kraft. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen (vgl § 1 BGSt).

Das BGSt tritt nach zehnjähriger Übergangsfrist in vollem Umfang in Kraft. Das BGSt gilt für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung sowie für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses, soweit es jeweils um den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geht, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, und die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes gegeben ist (vgl § 2 Abs 2 BGStG).

Betroffen sind somit alle Angebote, die sich an die Öffentlichkeit im Sinne eines unbestimmten Adressatenkreises richten. Auch Angebote zur Vermietung oder zum Verkauf von Wohnungen oder Geschäftslokalen fallen darunter, sobald diese öffentlich (Internet, Printmedien) angeboten werden.

Was versteht man unter Barrierefreiheit?

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (vgl § 6 Abs 5 BGSt). Hierzu zählen zB Rollstuhlrampen, große Aufzüge, weite Türen und Stufen. Die Ausgestaltung der Barrierefreiheit hängt von den jeweiligen unterschiedlichen Bauordnungen der Länder ab, da das BGSt selbst keine konkreten Aufzählungen enthält, was unter barrierefrei zu verstehen ist.

Eine Barrierefreiheit muss dann nicht durchgeführt werden, wenn die Beseitigung von Barrieren rechtswidrig oder wegen unverhältnismäßiger Belastungen unzumutbar wäre (§ 6 Abs 1 BGStG).

Eine Beseitigung wäre zB dann rechtswidrig, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht und die Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes einer Beseitigung entgegensteht.

Bei der Prüfung, ob Belastungen unverhältnismäßig sind, sind insbesondere zu berücksichtigen:

• der mit der Beseitigung der die Benachteiligung begründenden Bedingungen verbundene Aufwand,
• die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der eine Diskriminierung bestreitenden Partei,
• Förderungen aus öffentlichen Mitteln für die entsprechenden Maßnahmen,
• zwischen dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes und der behaupteten Diskriminierung vergangene Zeit,
• die Auswirkung der Benachteiligung auf die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz geschützten Personenkreises,
• beim Zugang zu Wohnraum der von der betroffenen Person darzulegende Bedarf an der Benutzung der betreffenden Wohnung (vgl § 6 Abs 2 BStG).

Im Einzelfall ist daher zu prüfen:

• Liegt eine mittelbare Diskriminierung durch eine bauliche Barriere vor?
• Wenn ja, ist diese sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig?
• Wenn nein, ist die Beseitigung der Barriere i) rechtswidrig oder ii) unzumutbar?

Wer hat für die Barrierefreiheit bei gemieteten Objekten zu sorgen?

Soweit ein Unternehmer als Geschäftsraummieter auftritt, ist dieser verpflichtet, sein Unternehmen barrierefrei zu gestalten. Die den Mieter treffende Pflicht zur Herstellung von Barrierefreiheit bedeutet auch, dass der Mieter und nicht der Vermieter Anspruchsgegner eines allfälligen Schadenersatzanspruches ist.

Um dieser Verpflichtung nachzukommen, sind oftmals bauliche Veränderungen erforderlich:
• Geringfügige Änderungen, die leicht wieder zu beseitigen sind und die Interessen des Vermieters nicht beeinträchtigen, dürfen vom Mieter ohne weitere Voraussetzungen durchgeführt werden, zB das Anbringen von Haltegriffen im Sanitärbereich.
• Darüber hinausgehende Maßnahmen wie zB die Versetzung von Türen oder der Austausch von Sanitäranlagen bedürfen der Zustimmung des Vermieters.
Für Betreiber von Immobilien bedeutet das, dass sie im Falle der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten zwar rechtlich auf Basis des BGStG nicht in die Pflicht genommen werden können, jedoch wirtschaftlich sehr wohl bedeutende Nachteile erleiden können. Auch ein Immobilienmakler sollte demnach bezogen auf das zu vermittelnde Objekt sämtliche relevanten Informationen zur Barrierefreiheit sowie zu der jeweils geltenden Bauordnung ermitteln.

Rechtsfolgen bei Verletzung der Vorschriften

Bei einer Verletzung des BGSt hat die betroffene Person jedenfalls Anspruch auf den Ersatz des Vermögenschadens und auf eine Entschädigung für die erlittenen persönlicher Beeinträchtigung. Abgesehen von den Diskriminierungen in Vollziehung der Gesetze, können derartige Ansprüche bei ordentlichen Gerichten nur geltend gemacht werden, wenn davor ein Schlichtungsstellenverfahren durchgeführt wurde. Dieses Verfahren beginnt mit Einbringung des Anbringens und endet mit der Einigung oder mit der Zustellung der Bestätigung, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte. Die Schlichtungsstelle hat dabei auch eine Mediation anzubieten.

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