Als eine Veranlagungsgesellschaft nach Entzug ihrer Konzession insolvent wurde, verloren im Jahr 2016 tausende Anleger Geld in Millionenhöhe, welches sie in Sparpläne zum Erwerb von Edelmetallen investiert hatten. Ein österreichischer Anleger klagte daraufhin einen schweizer Notar, welcher das Bestehen von Goldvorräten des Unternehmens bestätigt hatte.
Besagter Notar wurde von der Veranlagungsgesellschaft damit beauftragt Prüfberichte über das Übereinstimmen von Ist- und Soll-Bestand der Edelmetalle zu erstellen. Dies machte er in dem Wissen, dass jene zum Lukrieren neuer Kunden verwendet werden würden. Unter Hinweis auf die Durchsicht von Lagerdepotauszügen, Kundenlisten und Vertragsdaten stellte er ihre vermeintliche Vollständigkeit fest. Eine physische Kontrolle durch den Notar war nie vorgesehen und wurde auch nicht durchgeführt.
Der Kläger schloss, im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Gutachten, mit der Gesellschaft Verträge über den Ankauf und die Verwahrung von Gold ab. Da es sich jedoch bei dem fälschlich bestätigten Ist- Bestand nur um einen Soll- Bestand handelte, verlor der Kläger sein gesamtes, investiertes Geld.
Das Erst- und Zweitgericht gaben der Klage des Anlegers statt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte deren Rechtsansicht:
Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftungsansprüche bestehen, wenn ein Anleger durch irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewegt wird. Für sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen haben alle Personen einzustehen, die durch ihr, nach außen Sichtbares, Mitwirken an der Prospektgestaltung ein besonderes – zusätzliches – Vertrauen schaffen. Der Notar nimmt in diesem Fall als „berufsmäßiger Sachkenner“ eine Garantenstellung ein. Angesichts dessen treffen ihn besondere Sorgfaltspflichten bezüglich seiner Prüfberichte. Die Bestätigung des Übereinstimmens von Ist- und Soll-Bestand der Goldvorräte ohne tatsächliche Kontrolle, begründet eine grobe Sorgfaltswidrigkeit, zumal sich der Beklagte der Irreführungseignung bewusst war. Es wurde der unrichtige Eindruck erweckt, die Edelmetalle seinen tatsächlich (physisch) kontrolliert worden und somit wurde eine besondere Sicherheit der Anlage suggeriert.
Der Notar haftet somit für den dadurch erlittenen Schaden von Anlegern, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Prüfberichts Veranlagungen vorgenommen haben.
Quelle: OGH, 24.01.2019, 6 Ob 233/18k