Am 30.7.2015 wurde das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 in BGBI I 2015/87 kundgemacht. Die meisten Bestimmungen der Reform treten mit 01.01.2017 in Kraft. Der folgende Artikel befasst sich mit der Vermögenswidmung an eine Privatstiftung und der daraus folgenden Anrechnung auf den Pflichtteil.
Im ab 01.01.2017 geltenden § 781 ABGB ist nun ausdrücklich die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen/Vermögenswidmungen an eine Privatstiftung geregelt. Die stiftungsrechtliche Begünstigung wird in das pflichtteilsbetroffene Vermögen miteinbezogen. Die Stiftung ist keine pflichtteilsberechtigte Person, sodass bei der Vermögensübertragung an die Stiftung die Zweijahresfrist von Bedeutung ist. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit jenem Zeitpunkt an zu laufen, an dem der Geschenkgeber dem Beschenkten die Gegenstände endgültig übertragen hat und der Geschenkgeber somit keine weiteren Verfügungsrechte mehr innehat.
Nach der neuen Rechtslage gilt künftig neben jeder Vermögenswidmung an eine Privatstiftung auch die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, als anrechnungspflichtige Schenkung. Begünstigte der Privatstiftung, die zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehören, müssen sich künftig diese Zuwendungen sohin – zeitlich unbegrenzt – auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen.
Es kommt allerdings zu keiner doppelten Berücksichtigung als Schenkung an die Privatstiftung und der Einräumung der Begünstigtenstellung, welche auch den Wert der bisherigen und künftig zu Ausschüttung an den Begünstigten umfasst. Berücksichtigt wird nur jenes Vermögen von Privatstiftungen, welches vom Verstorbenen gewidmet wurde.
Grundsätzlich sind alle Ausschüttungen beim Pflichtteilsberechtigen zu berücksichtigen und somit hinzuzurechnen, die der Begünstige bis zum Tod des Erblasser erhalten hat und nach dem Tod des Erblassers noch erhalten wird. Unter Hinzurechnung ist die rechnerische Addition des Werts der Schenkung zur Verlassenschaft zu verstehen Die Begünstigtenstellung richtet sich nach dem Einfluss des Begünstigten auf die Stiftungsorgane und Ausschüttungsentscheidungen.
Auch wirtschaftliche Vermögensverschiebungen wie zB Nachfolgeregelungen in Gesellschaftsverträgen, Zuwendungen an eine ausländische Stiftung, etc können bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Zuwendungsempfänger einseitig begünstigen (vgl § 781 Abs 2 Z 6 ABGB).
Fazit:
Pflichtteilsberechtigte müssen sich Zuwendungen, die sie als Begünstigte von der Privatstiftung des Erblassers erhalten haben, als Schenkung auf ihren Pflichtteil anrechnen lassen. Wie zu berechnen ist, was der pflichtteilsberechtigte Begünstigte nach dem Erbfall noch erhalten wird, ist unklar. Der Begünstigte muss sich diese geschätzten zukünftigen Zuwendungen zwar auf den Pflichtteil anrechnen lassen, kann aber auf der anderen Seite künftige Zahlungen der Privatstiftung an sich aber rechtlich gar nicht durchsetzen.
Die Gründung einer Stiftung ist per se keine geeignete Möglichkeit, bestehende Pflichtteilsansprüche auszuschließen. Nur in Verbindung mit einer erbrechtlichen Regelung wie zB einem Pflichtteilsverzicht kann das Erbvermögen tatsächlich absondert werden. Oder über die Anwendungen ausländischen Erbrechts.
Jeannée Mikula Rechtsanwälte beraten Sie gerne im Zusammenhang mit erbrechtlichen und stiftungsrechtlichen Fragen.