Die Corona-Pandemie hat neben vielen Herausforderungen auch Weiterentwicklungen gebracht. So beispielsweise die digitalen Möglichkeiten im Notariat. Diese waren ursprünglich mit 31.12.2020 befristet, wurde das Gesetz aber schließlich dauerhaft beschlossen.
Die Möglichkeiten digitaler Amtshandlungen eines Notars sind iW in § 69 b iVm §§ 79 Abs 9, Abs 10 und 90a Notariatsordnung (NO) geregelt. Mit dem Bundesgesetz BGBl I Nr 157/2020 wurde die zunächst befristete und auf die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 abzielende Möglichkeit der umfassenden Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit bei notariellen Amtshandlungen durch eine Änderung des § 69b Abs 1 NO und eine Neufassung des § 90a NO in das Dauerrecht überführt. Gemäß § 90a NO können Notare notarielle Amtshandlungen unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit (§ 69b NO) vornehmen.
Notariatsdienstleistungen können so von zu Hause oder vom Büro aus in Anspruch genommen werden. Auch sind Anreisen nur für einen Unterzeichnungstermin oder die aufwendige Einholung von Vollmachten (einschließlich Beglaubigung und ggf Apostille) nicht mehr zwingend notwendig.
Welche Leistungen können auch „online“ erfolgen?
Möglich sind (gemäß § 69 b iVm §§79 Abs 9f, 90a NO):
- digitale Beglaubigung von Unterschriften
- digitale Notariatsakte
- notarielle Protokolle / digitale Generalversammlungen
Bislang war es dabei aber nur möglich, eine notarielle Urkunde entweder in Papierform oder in elektronischer Form zu errichten. Eine „gemischte“ Errichtung, bei der die Parteien teils physisch vor dem Notar präsent und teils elektronisch mit diesem (und den anderen Parteien) verbunden waren, war nicht möglich.
Am 01.07.2022 trat in Österreich eine Novelle der Notariatsordnung in Kraft. Die Einfügung von § 69b Abs 4a NO swie § 79 Abs 10 NO machte die hybride Errichtung von Notariatsakten als auch von Urkunden möglich, die sowohl beglaubigte Unterschriften als auch beglaubigte elektronische Signaturen enthalten. Somit haben nunmehr auch bei der gemeinsamen Errichtung einer Urkunde die Parteien die Wahl, ob sie „herkömmlich“ unterschreiben oder elektronisch signieren wollen.
Welche Leistungen können nicht „online“ erfolgen?
Ausgenommen von der Digitalisierung sind Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen. Sie können weiterhin nicht elektronisch errichtet werden (vgl § 70 NO).
Nicht möglich ist außerdem die Herstellung einer beglaubigten Kopie auf digitalem Weg, da dem Notar zur Vornahme einer solchen Amtshandlung immer das Original vorliegen muss.
Wie laufen die „online“ Amtshandlungen ab?
Bevor ein Notariatsakt oder eine Beglaubigung online erfolgen kann, muss die Identität der Parteien digital festgestellt werden. Hierzu müssen alle Personen, die ein Dokument digital unterfertigen, ein Video-Identifikationsverfahren (Videoidentverfahren) durchlaufen, welches den Anforderungen gemäß § 69b Abs 2 NO sowie der Notar-E-Identifikations-Verordnung (NEIV) zu entsprechen hat.
Die Parteien, welche digital unterschreiben, benötigen eine E-Mailadresse und müssen das Videoidentverfahren selbst durchlaufen. Dies dauert idR 10-15 Minuten. Hierfür ist ein amtlicher Lichtbildausweis erforderlich, der dann auch beim Unterschriftstermin vorzuweisen (in die Kamera zu halten) ist. Sofern die Partei noch nicht über eine qualifizierte elektronische Signatur (zB Handysignatur) verfügt, wird im Zuge der Zertifizierung eine elektronische Signatur für die Partei angelegt, mittels welcher dann die Dokumente in einem Datenraum „digital unterfertigt“ werden.
Wenn alle Parteien dieses Videoidentverfahren durchlaufen haben und die Dokumente fertig vorbereitet sind, „treffen“ sich Notar und Parteien in einer Videokonferenz. Im Rahmen der Videokonferenz werden die qualifizierten elektronische Signaturen unter Aufsicht des Notars angebracht. Danach bringt der Notar bei den Beglaubigungen noch die Beglaubigungsklausel und Beurkundungssignatur auf.
Die Notare unseres Netzwerks verfügen selbstverständlich über die entsprechenden technischen Möglichkeiten und das Know-How und können somit auch unsere Mandanten die Vorteile der neuen digitalen Möglichkeiten genießen. Beispielsweise können Immobilientransaktionen vollständig digital abgewickelt werden. Befindet sich eine der Parteien im Ausland, ist eine kostspielige und klimaunfreundliche Anreise für den Unterzeichnungstermin nicht notwendig. Je nachdem, welche technischen Voraussetzungen der Klient mitbringt (zB bereits vorhandene Handysignatur, PC oder nur Tablet/Mobiltelefon etc) und welche Anbieter der jeweilige Notar für dasVideoidentverfahren heranzieht, kann der genaue Ablauf vorab skizziert werden. Haben Sie nähere Fragen hierzu, kontaktieren Sie uns gerne unter office@toplaw.at.
Quellen:
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001677
BGBl I Nr 71/2022 RV 1440