In seiner Entscheidung vom 24.3.3033, 9 ObA 116/21f, nahm der OGH dazu Stellung, ob die von § 1159 ABGB abweichenden Kündigungsfristen für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe weiterhin wirksam sind oder nicht.
Im Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe ist eine 14-tägige Kündigungsfrist vorgesehen.
Am 01.10.2021 trat mit § 1159 ABGB (idF BGBl Nr 153/2017) die Angleichung der Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in Kraft. Demnach ist grundsätzlich auch für Dienstgeber von Arbeitern eine – je nach vollendeten Dienstjahren gestaffelte – Kündigungsfrist von sechs Wochen bis zu fünf Monaten zum Quartalsende einzuhalten. Als Kündigungstermin können der 15. oder der Monatsletzte vertraglich vereinbart werden.
In § 1159 Abs 2 letzter Satz ABGB hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass für Branchen, in denen Saisonbetriebe iSd § 53 Abs 6 ArbVG überwiegen (zB Bauwirtschaft), durch Kollektivvertrag abweichende Regelungen festgelegt werden können. Die Fachverbände Hotellerie und Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich waren der Rechtsansicht, dass auch das Hotel- und Gastgewerbe als Saisonbranche iSd gesetzlichen Bestimmung gelte und daher die 14-tägige Kündigungsfrist (ohne Einschränkung auf fix vorgegebene Kündigungstermine) laut Kollektivvertrag weiterhin anwendbar sei. Die Gewerkschaft war anderer Ansicht und konnten die Sozialpartner im Verhandlungsweg keine Einigung erzielen. Die gastgewerblichen Fachverbände haben daher einen Feststellungsantrag beim OGH (§ 54 Abs 2 ASGG) eingebracht, um Rechtssicherheit in der Frage der Kündigungsregelungen zu schaffen.
Der Oberste Gerichtshof stellte fest, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende kollektivvertragliche Kündigungsbestimmungen für ArbeiterInnen nicht ihre Geltung verlieren, wenn sie den Vorgaben der neuen gesetzlichen Ermächtigung entsprechen.
Er kam jedoch zu dem Schluss, dass das Hotel- und Gastgewerbe zwar als eine einheitliche Branche anzusehen ist, nicht jedoch als eine Branche, in denen Saisonbetriebe überwiegen. Saisonbetriebe seien Betriebe, „die ihrer Art nach zu bestimmten Jahreszeiten arbeiten“ oder die „regelmäßig zu gewissen Zeiten des Jahres erheblich verstärkt arbeiten“. Zwar gebe es Hotels und Restaurants, auf die diese Voraussetzungen zutreffen. Dass die Saisonbetriebe zahlenmäßig überwiegen, konnte anhand dem von der Wirtschaftskammer dargelegten Datenmaterial allerdings nicht festgestellt werden.
Der Antrag der Wirtschaftskammer Österreich (Fachverbände Gastronomie und Hotellerie), es werde festgestellt, dass die im Kollektivvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe enthaltene Kündigungsregel (§ 21a), wonach (nach Ablauf der Probezeit) das unbefristete Arbeitsverhältnis nur nach vorheriger 14-tägiger Kündigung gelöst werden kann, über den 30. 09. 2021 hinaus wirksam ist, wurde vom OGH abgewiesen. Da es bei der Entscheidung nicht auf den einzelnen Betrieb ankommt, sondern nur darauf, ob Saisonbetriebe insgesamt in der Mehrzahl sind, gilt sie für die gesamte Branche.
Der OGH hielt fest, dass der von den Antragstellern dargelegte Sachverhalt noch nicht den Schluss zulasse, dass in der vom bundesweiten Geltungsbereich des vorliegenden Kollektivvertrags erfassten Branche des Hotel- und Gastgewerbes iSd § 1159 ABGB Saisonbetriebe überwiegen und somit die tatbestandlichen Voraussetzungen für die kollektivvertragliche Ermächtigung erfüllt wären. Es ist zu erwarten, dass die Wirtschaftskammer weiteres Datenmaterial sammeln und versuchen wird, einen solchen Nachweis doch noch zu erbringen. Bis auf Weiteres gilt aber für ArbeiterInnen in der Branche Gastronomie und Hotellerie mindestens eine Kündigungsfrist von sechs Wochen (OGH 24.3.3033, 9 ObA 116/21f).
Quellen:
Schrenk, Angleichung der Kündigungsbestimmungen, ögswissen 2022 H 1, 16