Die Freiheitsstaute in New York: ein Crowdfunding-Projekt? Die Freiheitsstatue selbst war bekanntermaßen ein Geschenk der Franzosen an die Amerikaner. Allerdings mussten die Amerikaner den Bau des Sockels selbst übernehmen. Zur Finanzierung dieses Projektes wurde ein Spendenaufruf gestartet; dem Staat war es aufgrund der misslichen wirtschaftlichen Lage nämlich nicht möglich dafür aufzukommen. Im Schnitt wurde 1,00 USD gespendet (dies entspricht heute ca 20,00 USD) – insgesamt über EUR 100.000 USD.
Man sieht sohin, das Konzept des Crowdinvestments ist – auch wenn es sich gerade in jüngerer Vergangenheit immer größerer Beliebtheit erfreut – keine Erfindung der letzten Jahre.
Neu ist allerdings, dass Intranetseiten als Vermittler zwischen den Projekten und der „Crowd“ fungieren. Prinzipiell werden vier Arten von Crowdfunding unterschieden.
- Das „donation-based-Crowdfunding“ ist eine Art von Finanzierung, bei der die Beträge für ein gewisses Projekt gespendet werden.
- Beim „reward-based-Crowdfunding“ geht der Kapitalgeber davon aus „am Ende des Tages“ eine gewisse Gegenleistung (auch ideelle) für das Bereitstellen von Kapital zu erhalten.
- Sehr ähnlich ausgestaltet ist das „lending-based-Crowdfunding“, bei dem sich der Kapitalgeber zusätzlich zu der Rückzahlung des Kapitals eine gewisse Rendite erwartet. Vergleichbar ist diese Art der Finanzierung mit der über ein Kreditinstitut. Es handelt sich somit um eine Finanzierung mit Fremdkapitalcharakter.
- Die letzte Art hat im Gegensatz dazu Eigenkapitalcharakter und nennt sich „equity-based-Crowdfunding“. Die Investoren erhalten im Gegenzug für die Hingabe von Kapital Unternehmensbeteiligungen.
Vor allem im Bereich der Immobilienprojektentwicklung wird bei vielen Projekten ein Teil des aufzubringenden Kapitals mittels solcher Crowd-Investments finanziert. Nachfolgend soll vor allem auf „lending-based-Crowdfunding“ im Zusammenhang mit der Finanzierung von Immobilienprojekten und deren Internetfunding-Plattformen eingegangen werden.
Es scheint vor allem in Hinblick auf die derzeitige Zinslandschaft im Bankensektor sehr attraktiv mittels Mausklick einen gewissen Geldbetrag zu verborgen und ein bis zwei Jahre später denselben plus 6 Prozent Rendite per anno wieder zu erhalten. Und das „so sicher wie mit Immobilien“ – oder doch nicht?
Bei Kreditfinanzierungen sind zahlreiche Vorschriften zu beachten. Allen voran ist zu berücksichtigen, dass für das Betreiben von Bankgeschäften eine entsprechende Konzession erforderlich ist. Dies wurde in der Vergangenheit recht medienwirksam aufgezeigt, als der „Schuhrebelle“ Heini Staudinger durch Kunden-Kredite in Konflikt mit der FMA kann und eine Niederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH 2013/17/0242) hinnehmen musste. Schnell war klar, dass es bei der immer größer werdenden Beliebtheit von Crowdfunding-Finanzierungen an der Politik lag, die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Die Umsetzung geschah im AltFG -Alternativfinanzierungsgesetz welches im Volksmund auch gerne als „Crowdfundinggesetz“ bezeichnet wird.
Außer Acht sollte aber nicht gelassen werden, dass eine Fülle an anderen Gesetzen im Falle solcher Finanzierungen zur Anwendung kommen. Die meisten dieser Gesetze sind positiv für den Endverbraucher der das Kapital „hergibt“, denn es handelt sich großteils um Schutzgesetze zu seinen Gunsten. So werden zum Beispiel im Rahmen des Investments typischerweise standardisierte Verträge verwendet. Dadurch sind sie Inhaltlich als AGB zu qualifizieren und unterliegen somit dem ABGB und dem KSchG (sofern der Kapitalnehmer Unternehmer und der -geber Verbraucher ist), damit einhergehend einem Transparenzgebot.
In der österreichischen Praxis sind vor allem zwei Modelle verbreitet: qualifizierte Nachrangdarlehen und (nicht verbriefte) Genussrechte. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch das Modell, welches Genossenschaftsbeteiligungen nutzt. Vor allem Internetcrowdfundig-Plattformen für Immobilienprojekte sehen die Finanzierung der Projekte über qualifizierte Nachrangdarlehen des Kapitalgebers vor. Crowdfunder gehen dabei nicht nur bei Insolvenz des Unternehmens in aller Regel leer aus – Zinsen und Kapital fließen schon dann nicht zurück, wenn die bevorstehende Zahlung die Insolvenz erst herbeiführen würde.
In diesem Zusammenhang wurde kontroversiell diskutiert, ob es überhaupt zulässig ist, unter diesen Umständen (vor allem im Verbrauchergeschäft) qualifizierte Nachrangdarlehen zu vereinbaren. Mit dieser Frage hatte sich auch der OGH auseinanderzusetzen (4Ob110/17f). Für die Beantwortung ist zunächst zu klären, ob es sich bei der Verpflichtung hinter die anderen Gläubiger zu treten um eine Hauptleistung des Darlehensgebers oder um eine Nebenabrede handelt. Als Hauptleistungspflicht werden nur jene Vertragsbestandteile aufgefasst, die die individuelle zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen festlegen; es sind dies jene Bestandteile eines Vertrags, die die Parteien vereinbaren müssen, damit ein hinreichend bestimmter Vertrag zustandekommt (4 Ob 112/04f). Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, sind aber nicht von der die Hauptleistungspflicht betreffenden Ausnahme umfasst (4 Ob 143/17h mwN). Die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle ist möglichst eng zu verstehen und soll auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben, wobei nur Leistungsbeschreibungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, der Inhaltskontrolle entzogen sein sollen, nicht jedoch Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen (RIS-Justiz RS0016908 [T1, T5]; vgl auch RS0016931). Für die Kontrollunterworfenheit einer Klausel ist nicht maßgeblich, ob diese vom dispositiven Recht abweicht oder nicht. Dieser Umstand hat vielmehr nur für die Beurteilung Bedeutung, ob die Klausel gröblich benachteiligend ist (6 Ob 13/16d). Bei der hier zu beurteilenden qualifizierten Nachrangklausel (zum Begriff Pateter/Pirker, Zur Rechtsnatur der Nachrangabrede, ZIK 2015, 217 [217, 219 f]). handelt es sich um ein für den Vertragstypus konstitutives Merkmal, das daher der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen ist (Pirker, Qualifizierte Nachrangdarlehen als Finanzierungsinstrument, RdW 2016, 807 [810 f]; Wilfling/Komuczky, Alternative Finanzinstrumente im Lichte der AGB-Kontrolle – Zivilrechtliche Zulässigkeit qualifizierter Nachrangdarlehen, ZFR 2016, 367 [369 f]; Engel/Jeitler, Aus für Finanzierungen über Nachrangdarlehen? ÖBA 2017, 164 [167]). Somit ist die Vereinbarung auf diese Art und Weise rechtskonform. Diese Ansicht steht auch im Einklang mit dem AltFG.
Da Immobiliencrowdinvestments regelmäßig über das Internet angeboten werden, kommen auch Regelungen den Fernabsatz betreffend zur Anwendung. In diesem Zusammenhang wäre vor allem das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz einschlägig (FernFinG). Dieses sieht eine Fülle an Informationspflichten und Regelungen für Rücktrittsrechte vor.
Die Regelungen des Aufsichtsrechts sind von genau so großer praktischer Bedeutung wie die des Privatrechts. Zu nennen sind allen voran das Bankwesengesetz (BWG), das Kapitalmarktgesetz (KMG) – welches vor allem die Prospektpflicht regelt, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz (AIFMG), das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) und auch die Gewerbeordnung (GewO).
Das Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) stellt die zentrale Rechtsnorm in Zusammenhang mit Crowdfunding dar. Es regelt die Zulässigkeit der Finanzierung durch ein öffentliches Angebot über Wertpapiere oder Veranlagungen im Rahmen der Ausnahme zur Prospektpflicht gemäß § 3 Abs 1 Z 10 des Kapitalmarktgesetzes (KMG). Wobei Veranlagungen in diesem Zusammenhang unter anderem Vermögensrechte sind, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden, aus der direkten oder indirekten Investition von Kapital mehrerer Anleger auf deren gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko oder auf gemeinsame Rechnung und gemeinsames Risiko mit dem Emittenten, sofern die Verwaltung des investierten Kapitals nicht durch die Anleger selbst erfolgt. Das AltFG sieht in § 3a Bestimmungen des Anlegerschutzes sowie in § 4 Besondere Anforderungen an den Emittenten vor. Besondere Anforderungen an Betreiber einer Internetplattform über die investiert werden kann findet man in § 5 AltFG. So ist es zum Beispiel Betreibern einer Internetplattform […] untersagt, auf ihrer Internetplattform selbst als Emittent zu agieren. Das Agieren als Anleger auf der eigenen Internetplattform ist nur zulässig, wenn es sich um eine geringfügige Beteiligung handelt, die ausschließlich dazu dient, den Informationsfluss zwischen Emittenten und Anlegern zu erleichtern und darauf ausdrücklich hingewiesen wird. Auf der Internetplattform ist überdies ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Erwerb von Veranlagungen mit Risiken verbunden ist (§ 4 Abs 1 Z 1 AltFG). Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des AltFG ist – unbeschadet von Ansprüchen anderer gesetzlicher Grundlagen – mit Geldstrafe bis zu € 30.000 bedroht (§ 6 AltFG).
Crowdinvesting ist nach wie vor beliebt – wichtig ist es aber für beide Seiten, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu beachten. Das ist angesichts der zahlreichen Vorschriften leichter gesagt als getan. Rechtliche Beratung ist daher unumgänglich.