3., 4. und 5. COVID-19-Gesetz
Zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie hat der Gesetzgeber neben der monetären Unterstützung für Betroffene eine Vielzahl an Gesetzen geändert. Die für unternehmerisch tätige Menschen wesentlichen Änderungen haben wir im Nachfolgenden kurz für Sie zusammengefasst.
Härtefallfond
Eine der wesentlichsten Neuerungen durch das 3. COVID-19-Gesetz ist die Aufstockung der Mittel des Härtefallfonds. Die bisher vorgesehenen Mittel in Höhe von 1 Mrd. Euro werden auf 2 Mrd. Euro erhöht. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit geschaffen, dass der Finanzminister im Einvernehmen mit dem Vizekanzler die Mittel aus dem Fond anpassen kann. Dies hat gegebenenfalls durch Verordnungen zu geschehen.
Eine Klarstellung erfolgte zudem dahingehend, dass auch „Neue Selbständige“ (demnach zB Vortragende; Künstler; Sachverständige; Schriftsteller; Personen, die Gesundheitsberufe selbständig ausüben, wie zB Krankenpfleger uvm.) vom Zweck des Härtefallfonds erfasst sind. Erfasst sind somit:
- Ein-Personenunternehmen (EPU) unter Einschluss „Neuer Selbständiger“ und freier Dienstnehmer,
- Non-Profit-Organisationen und
- Kleinunternehmer.
Es wird somit eine gesetzliche Grundlage ausdrücklich auch für die Angehörigen der freien Berufe geschaffen.
Zusätzlich wurde der Kreis der anspruchsberechtigten Personen um Vermieter von Privatzimmern (im eigenen Haushalt; höchstens 10 Betten; nicht der GewO unterliegend) erweitert.
Bei der Ermittlung der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage sind Zuwendungen aus dem angesprochenen Fond nicht einzubeziehen.
Arbeitsrecht
Durch Änderungen im ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) sowie im B-KUVG (Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz) wird sichergestellt, dass Unfälle, die sich „im Homeoffice“ ereignen, als Arbeitsunfälle anzusehen sind.
Ebenfalls in diesen Gesetzen wird die Freistellung von der Arbeitsleistung von Angehörigen der COVID‑19 Risikogruppe vorgesehen, wenn die Arbeitsstätte ein Ansteckungsrisiko birgt und für die betroffene Person kein Homeoffice möglich ist.
Steuerrecht
Mit dem 3. COVID-19-Gesetz wird das Einkommensteuergesetz dahingehend geändert, dass Zulagen und Bonuszahlungen, die aufgrund der COVID-19-Krise zusätzlich geleistet werden, im Jahr 2020 bis zur Höhe von 3.000,00 Euro als steuerfrei zu betrachten sind. Dabei muss es sich um solche Zahlungen handeln, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Die Zahlungen müssen demnach im engen Zusammenhang mit der COVID-19 Krise stehen.
Gesellschaftsrecht
Versammlungen: Bei GmbHs muss der Jahresabschluss nun nicht mehr in den ersten acht Monaten eines Geschäftsjahres beschlossen werden, sondern kann dies auch bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres erfolgen. Entsprechendes gilt auch für Genossenschaften (§ 1 Abs. 2 und Abs. 3 COVID-19-GesG).
Jahresabschluss: Allgemein wurde die Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses nunmehr auf neun Monate verlängert (§ 3a COVID-19-GesG). Davon ausgenommen sind nur jene Unterlagen der Rechnungslegung, die bereits am 16.03.2020 aufgestellt sein mussten.
Fristen/Termine: Wurden in Gesellschaftsverträgen (Satzungen, Statuten, Stiftungsurkunden) Fristen oder Termine für bestimmte Versammlungen festgesetzt, können diese im Jahr 2020 auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen (§ 1 Abs. 4 COVID-19-GesG).
Notarielle Urkunden und Beglaubigungen
Die bereits für die Erstellung von Notariatsakte im elektronischen Wege vorgesehenen Regelungen sollen nunmehr auch für Beglaubigungen und notarielle Protokolle zur Anwendung gelangen Dadurch ist es nunmehr möglich auch Beglaubigungen unter Nutzung von elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten vorzunehmen.
Es muss jedoch gewährleistet sein, dass der Notar bei einer physisch nicht anwesenden Person die Feststellung und Prüfung der Identität zweifelsfreie Weise durchführen kann. Dies kann durch Vorweisen eines Lichtbildausweises im Rahmen eines videogestützten elektronischen Verfahrens oder durch ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren, mit dem gesichert dieselbe Information wie mit der Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises zur Verfügung gestellt wird (elektronischer Ausweis) erfolgen. Eine genauere Ausgestaltung dieser Bestimmungen obliegt der Notariatskammer.
Mietrecht
Mietzins: Bedeutende Veränderungen im Bereich der Mietzinse wurden durch die Einführung des 2. COVID-19-JuBG beschlossen. Wirtschaftlich von der Pandemie besonders betroffene Mieter, die den Zins für ihre Wohnung nicht oder nicht vollumfänglich bezahlen können, werden besonders geschützt. Ein Mietzinsrückstand in diesem Zeitraum berechtigt den Vermieter bis zum 01.07.2022 nicht zur Kündigung des Vertrages. Weiters kann ein Vermieter erst am 01.01.2021 etwaige Zahlungsrückstände gerichtlich einklagen oder aus der Kaution abdecken (§ 1 und § 17 Abs. 1 2. COVID-19-JuBG). Offene Mietzinse sind gemäß den ebenfalls neu eingeführten Bestimmungen über die Verzugszinsen zu verzinsen (siehe unten).
Befristungen: Befristete Mietverhältnisse die dem MRG unterliegen und nach dem 30.03. und vor dem 01.06.2020 ablaufen, können bis zum 31.12.2020 verlängert werden (§ 5 2. COVID-19-JuBG). Diesfalls bedarf es einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter. Die vom MRG geforderte Mindestdauer für das Bestandverhältnis von 3 Jahren kann somit in diesem Zeitraum unterschritten werden. Die Befristung ist demnach nicht nach § 29 Abs. 3 lit a MRG unwirksam.
Wird der Mietvertrag nach Ablauf dieses Verlängerungszeitraums weder vertraglich verlängert noch aufgelöst, so gilt der Mietvertrag einmalig als auf drei Jahre erneuert (§ 5 2. COVID-19-JuBG iVm § 29 Abs. 3 lit b MRG).
Kreditverträge
Für Kreditverträge die vor dem 15.03.2020 abgeschlossen wurden gilt:
Die Fälligkeit von Rückzahlungen, Zins- oder Tilgungsleistungen von Verbraucherkreditverträgen zwischen dem 01.04. und dem 30.06.2020 wird jeweils für drei Monate nach dem vertraglich vorgesehenen Zahlungstag gestundet. Es fallen für den Zeitraum keine Verzugszinsen an. Voraussetzung dafür sind durch die Pandemie hervorgerufene Einkommensausfälle, wodurch ein angemessener Lebensunterhalt gefährdet ist (§ 2 Abs. 1 2. COVID-19-JuBG).
Kreditverträge können aufgrund des Zahlungsverzuges oder der wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse bis zum Ablauf der Stundung nicht gekündigt werden (§ 2 Abs. 4 2. COVID-19-JuBG).
Kreditnehmer und Kreditgeber sollen über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Regelung und über etwaige Unterstützungsmaßnahmen ein Gespräch führen. Kommt dabei keine einvernehmliche Lösung für den Zeitraum nach dem 30.06.2020 zustande, verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate. Auch die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben (§ 2 Abs. 6 2. COVID-19-JuBG).
All dies gilt auch für Kredite von Kleinstunternehmern (erfasst sind Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. Euro nicht überschreitet; Art 2 Abs. 3) (§ 2 Abs. 7 2. COVID-19-JuBG).
Verzugszinsen / Konventionalstrafen
Können zwischen 01.04. und 30.06.2020 fällige Zahlungsverpflichtungen, die vor dem 01.04.2020 begründet worden sind, nicht erfüllt werden, fallen dafür höchstens die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von 4% an. Vertragliche Verzugszinsen in diesem Zeitraum gelten nicht. Ebenso sind die Kosten von außergerichtlichen Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen nicht zu ersetzen (§ 3 2. COVID-19-JuBG). Erst ab dem 01.07.2022 sind fällige Forderungen aus diesem Zeitraum wieder mit den gewöhnlichen bzw. vereinbarten Verzugszinsens zu verzinsen.
Weiters gelangen vereinbarte Konventionalstrafen für einen etwaigen Verzug von Leistungsverpflichtungen im genannten Zeitraum nicht zur Anwendung (§ 4 2. COVID-19-JuBG). Erst ab 01.07.2022 gelten für diese Zahlungsverpflichtungen die vereinbarten Verzugsregelungen (§ 17 2. COVID-19-JuBG).
Fristen im Zivilverfahrensrecht
Gemäß dem COVID-19-JuBG werden Fristen bis zum 30.04.2020 unterbrochen. Mit der nunmehr erfolgten Präzisierung wurde klargestellt: Fristen im Zivilverfahren werden am 1. Mai ausgelöst. Dieser Tag ist entsprechend den allgemeinen Regelungen folglich nicht in die Berechnung der Frist miteinzubeziehen.
Aufschiebung von Räumungsexekutionen
Gesetzlich vorgesehen wird die Möglichkeit, dass Räumungsexekutionen (§ 349 EO) auf Antrag des Verpflichteten ohne Auferlegung einer Sicherheit aufzuschieben sind. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Verpflichteten und allenfalls der mit diesem im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen dient. Vor Aufschub der Exekution ist allerdings eine Interessensabwägung dahingehend durchzuführen, ob der Exekutionsaufschub schwere persönliche oder wirtschaftliche Nachteile für den Gläubiger bedeuten würde. Diesfalls wäre dem Antrag auf Aufschub nicht folge zu geben.
Ein aufgeschobenes Verfahren ist spätestens nach dem Ablauf von sechs Monaten fortzusetzen (§ 6 2. COVID-19-JuBG).
Insolvenzverfahren
In Bezug auf das Insolvenzrecht bestimmt das 4. COVID-19-Gesetz, dass die Bestimmungen des § 1 1. COVID-19-JuBG betreffend die Unterbrechung von Fristen nicht mehr zur Anwendung kommen soll. Bereits unterbrochene Fristen sollen mit Inkrafttreten des 4. COVID-Gesetzes neu zu laufen beginnen. Überdies wird vorgesehen, dass Gerichte (von Amts wegen oder auf Antrag) verfahrensrechtliche Fristen des Insolvenzrechts verlängern können. Eine solche Verlängerung ist allerdings lediglich dann zulässig, wenn eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in Aussicht steht. Das Gericht darf zudem nicht gegen die Interessen der Insolvenzgläubiger handeln.
Die Entziehung der Eigenverwaltung gemäß § 170 Abs. 1 Z 3 IO soll erst nach Ablauf einer Frist von 120 Tagen (vormals 90 Tage) geschehen.
Zudem entfällt die Verpflichtung des Schuldners einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung zu stellen, wenn diese im Zeitraum 01.03.2020 bis 30.06.2020 erfolgt ist. Eine Haftung nach § 84 Abs. 3 Z 6 AktG hat der Schuldner diesfalls nicht zu befürchten. In diesem Zeitraum entfällt auch die Möglichkeit der Insolvenzantragsstellung durch Gläubiger wegen Überschuldung (dies gilt nicht im Falle einer gleichzeitigen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners).
Sollte sich die Einkommens- bzw. Vermögenslage eines Schuldners aufgrund der COVID-19 Krise dergestalt ändern, dass er fällige Verbindlichkeiten eines Zahlungsplans nicht mehr erfüllen kann, kann der Schuldner die Stundung der Verbindlichkeiten begehren. Die Stundungsfrist darf neun Monate nicht übersteigen. Auch in diesem Fall ist eine Abwägung mit (allen) Gläubigerinteressen vorzunehmen (§ 11 2. COVID-19-JuBG).
Überdies bestimmt das 4. COVID-19-Gesetz, dass ein (Geld-) Kredit eines Gesellschafters an seine Gesellschaft nicht unter § 1 EKEG subsumiert werden soll, wenn der Kredit während der COVID-19 Krise (bis 30.06.2020) für nicht länger als 120 Tage gewährt und zugezählt wurde. Die gewährte Kreditsumme ist demnach nicht als Eigenkapital ersetzend anzusehen. Diese Bestimmung soll während der „Corona-Zeiten“ die Liquidität von Unternehmen durch Gesellschafterkredite fördern.
Rangordnungen
Ebenfalls im 4. COVID-19-Gesetz vorgesehen ist eine Verlängerung der Ausnützbarkeit von grundbücherlichen Rangordnungen. Diese laufen im Zeitraum von 16.03.2020 und 30.04.2020 nicht ab. Abermals findet sich eine Verordnungsermächtigung (der Justizministerin) diese Frist zu verlängern.
Wenn Sie weitere Informationen zu den dargestellten Regelungen benötigen oder Sie rechtliche Beratung in der derzeitigen Situation benötigen, zögern Sie nicht, sich an uns zu wenden. Gerne führen wir Beratungen auch telefonisch oder mittels Videokonferenz durch. Kontaktieren Sie uns unter 01/505 77 00 oder office@toplaw.at