Mit dem 2. COVID-19-Gesetz wurden am 20.03.2020 weitere Regelungen zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie beschlossen. Nachfolgend fassen wir die wesentlichen Änderungen für Unternehmen zusammen.
Regelungen im Zusammenhang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
Entgeltfortzahlung und Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben: Dürfen Beschäftigte aufgrund der derzeitigen Krisensituation das Unternehmen nicht oder nur eingeschränkt betreten, haben sie dennoch Anspruch auf Entgeltfortzahlung (§ 1155 Abs 3 ABGB).
Arbeitgeber können allerdings verlangen, dass in dieser Zeit bestehende Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden. Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen jedoch nur im Ausmaß von bis zu zwei Wochen verbraucht werden. Zeitguthaben, die aufgrund der in Betriebsvereinbarungen enthaltenen Freizeitoption erworben wurden, müssen nicht verbraucht werden. Insgesamt müssen nicht mehr als acht Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden (§ 1155 Abs 4 ABGB).
Diese Bestimmungen treten jedoch mit 31.12.2020 wieder außer Kraft (§ 1503 Abs 14 ABGB).
First zur Anfechtung einer Kündigung / Entlassung: Anfechtungsfristen die seit 16.03.2020 bereits laufen oder nach diesem Tag zu laufen beginnen werden bis 30.04.2020 gehemmt (§ 170 Abs. 2 ArbVG). Aufgrund der im 2. COVID-19 Gesetz enthaltenen Verordnungsermächtigung kann der Endtermin vom Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend auch noch verlängert werden (§ 264 Abs. 33 ArbVG).
Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis: Sowohl gesetzliche, kollektivvertragliche, als auch einzelvertragliche Verjährungs- und Verfallsfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die seit dem 16.03.2020 laufen oder nach diesem Tag zu laufen beginnen werden bis 30.04.2020 gehemmt (§ 18b Abs 2 AVRAG). Auch in diesem Fall kann der Endtermin aufgrund der Verordnungsermächtigung vom Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend auch noch verlängert werden (§ 19 Abs 1 Z 44 AVRAG).
Betriebsvereinbarung zur Corona-Kurzarbeit: Im Zusammenhang mit der Corona-Kurzarbeit sollen auch Alturlaube und Zeitguthaben verbraucht werden. Sofern in einem Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, bedarf es hierfür eine Betriebsvereinbarung (§ 170 Abs. 3 ArbVG).
Dreiwöchige Sonderbetreuungszeit: Arbeitgeber können Arbeitnehmern freiwillig aufgrund der behördlich angeordneten Schließung von Betreuungseinrichtungen bis zu drei Wochen Sonderbetreuungszeit gewähren. Umfasst davon ist die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, für die eine Betreuungspflicht besteht. Die Sonderbetreuungszeit soll auch für die Betreuung von Menschen mit Behinderung gewährt werden können, wenn diese in einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder einer Lehranstalt für Menschen mit Behinderung betreut und unterrichtet werden und diese Einrichtungen ebenfalls behördlich geschlossen wurden.
In diesem Fall haben Arbeitgeber Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit bezahlten Entgeltes durch den Bund. Der Ersatzanspruch ist binnen sechs Wochen nach Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der Buchhaltungsagentur geltend zu machen (§ 18b Abs 1 AVRAG).
Altersteilzeit: Mit dem 2. COVID-19 Gesetz wurde auch das Arbeitslosenversicherungsgesetz im Hinblick auf Altersteilzeit angepasst. Unterbrechungen des Dienstverhältnisses infolge der derzeitigen Situation sollen zu keine nachteiligen Auswirkungen auf die vereinbarte Altersteilzeit führen. Auch wenn das Dienstverhältnis aufgrund von COVID-19 Maßnahmen aufgelöst wurde, soll nach Wiedereinstellung die Altersteilzeit fortgeführt werden können.
Voraussetzung ist jedoch der Wiederbeginn des Dienstverhältnisses bis spätestens 01.10.2020 (§ 82 Abs. 5 AlVG). Eine mindestens drei Monate dauernde Vollzeitbeschäftigung ist nicht erforderlich. Für den Zeitraum der Unterbrechung werden die Leistungen des Altersteilzeitgeldes eingestellt und leben nachher – sofern die Voraussetzungen (Stundenausmaß) die gleichen sind – im selben Ausmaß wieder auf. Eine Verlängerung des Höchstausmaßes an Altersteilzeit soll aber nicht erfolgen.
Bauarbeiter-Urlaubs-und Abfertigungsgesetzes: Die Verpflichtung zur Leistung von Zuschlägen für den Sachbereich der Urlaubsregelungen während der krisenbedingten Kurzarbeit, in denen keine Arbeitsleistung (Wochenarbeitszeit null) erbracht wird, entfällt. In den Sachbereichen Abfertigung, Überbrückungsgeld und Winterfeiertagsregelung sollen im Zeitraum von 16.03.2020 bis 15.05.2020, unabhängig von der Inanspruchnahme der Kurzarbeit, Zuschläge gänzlich entfallen. Für nähere Auskünfte wenden Sie sich bitte an Ihren Steuerberater.
Gesellschaftsrecht (COVID-19-GesG)
Versammlungen von Gesellschaftern oder Organen von juristischen Personen (insbesondere GmbHs) müssen nicht mehr unter physischer Anwesenheit der Beteiligten stattfinden. Durch Verordnung der Bundesministerin für Justiz werden hier noch genauere Regelungen normiert werden. Wir werden Sie diesbezüglich noch genauer informieren, sobald die Verordnung erlassen wurde.
Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften müssen nunmehr nicht in den ersten acht Monaten eines Geschäftsjahres sondern innerhalb der ersten zwölf Monate stattfinden.
Sämtliche Regelungen treten mit 31.12.2020 außer Kraft.
Insolvenzrecht
Im Rahmen eines Sanierungsplans hat der Schuldner den Gläubigern zu vereinbarten Terminen Zahlungen zu leisten. Gerät der Schuldner gegenüber einem der Gläubiger in Verzug und wird von diesem gemahnt, lebt die gesamte Forderung des jeweiligen Gläubigers wieder auf. Aufgrund der nunmehr beschlossenen Regelungen, führen Mahnungen die ab dem Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 30.04.2020 an den Schuldner gesendet werden nicht zum Wiederaufleben der Forderung (§ 5 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz). Aufgrund der beschlossenen Verordnungsermächtigung kann von der Bundesministerin für Justiz eine Verlängerung der genannten Frist verordnet werden.
Behördliche und gerichtliche Verfahren
Fristen: Bis zum Ablauf des 30.04.2020 werden Fristen in den nachfolgend genannten Verfahren unterbrochen. Mit 01.05.2020 beginnen diese Fristen neu zu laufen. Dies gilt
- im ordentlichen Rechtsmittelverfahren von anhängigen behördlichen Abgabenverfahren,
- für den Lauf der Einspruchsfrist, der Rechtsmittelfrist sowie der Frist zur Anmeldung einer Beschwerde im Finanzstrafverfahren,
wenn die Fristen nach dem 16.03.2020 zu laufen begonnen haben oder bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sind. Ebenfalls wurde eine Unterbrechung normiert,
- für die allermeisten Fristen in Verwaltungsverfahren und
- für verfahrensrechtliche Fristen in den allermeisten Zivilverfahren,
wenn sie vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen begonnen haben oder bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sind.
Allerdings können die jeweiligen Behörden oder Gerichte aussprechen, dass Fristen nicht für die genannte Dauer unterbrochen wird. In diesem Fall haben sie gleichzeitig angemessene neue Fristen festzusetzen (§ 323c Abs 2 BAO bzw. § 265a Abs 2 FinStrG bzw. § 1 Abs 2 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren (…) bzw. § 1 Abs 2 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz). Zudem wurde jeweils in Absatz 3 der jeweiligen Gesetzesstelle die Pflicht zur Durchführung einer Interessensabwägung für den Fall des Abweichens der vorgesehenen Fristen statuiert.
Aufgrund der im 2. COVID-19 Gesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen können der Zeitraum der Unterbrechung verlängert, verkürzt oder Ausnahmen von der Unterbrechung vorgesehen werden.
Fristen zur Einbringung von Klagen oder Anträgen (beispielsweise Verjährungsfristen oder Besitzstörungsklagen) werden vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum Ablauf des 30.04.2020 gehemmt (§ 2 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz).
Verhandlungen und Vernehmungen in Abgaben-, Finanzstraf-, Verwaltungs- und Zivilverfahren: Nur sofern es unbedingt erforderlich ist, sollen Verhandlungen und Vernehmungen durchgeführt werden. Gegebenenfalls können diese auch in Abwesenheit aller Beteiligten unter Verwendung technischer Kommunikationsmittel durchgeführt werden (§ 323b Abs. 4 BAO bzw. § 265a Abs. 4 FinStrG bzw. § 3 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren (…) bzw. § 3 Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz).
Sonstiges
Gebührenfreiheit: Schriften und Amtshandlungen die im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bewältigung der derzeitigen Krisensituation erforderlich sind, sind von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit. Beispielsweise sollen Anträge betreffend Unterstützungszahlungen nach dem Epidemiegesetz 1950 gebührenfrei erfolgen (§ 35 Abs. 8 GebG). Die Regelung tritt rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft (§ 37 Abs. 41 GebG).
Härtefallfond: Für EPUs, freie Dienstnehmer (§§ 4 Abs. 4 ASVG), NPOs (gemäß §§ 34-47 BAO) sowie Kleinstunternehmer wird ein Härtefallfond geschaffen. Für die Abwicklung ist die Wirtschaftskammer Österreich zuständig.
Sozialversicherungsrechtliche Erleichterungen: Beiträge von Unternehmen, die wegen der Krise geschlossen wurden, sollen in den Monaten Februar bis April 2020 gestundet werden. Ist ein Unternehmen nicht geschlossen kann jedoch ein Stundungsantrag gestellt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Liquidität aufgrund der Krise gefährdet ist. Fällige Beiträge sollen weder eingemahnt noch eingetrieben werden. Bei Verstößen gegen die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung (mit Ausnahme der Anmeldung zur Sozialversicherung) sollen in den Monaten März bis Mai 2020 keine Säumniszuschläge eingehoben werden.
Sollten Sie weitergehende Fragen haben, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.